MISSSTÄNDE IN SENIORENWOHNHEIMEN

wie man sich gegen Abschottung, Einschränkungen und Informationsverweigerung wehren kann!

Praktische Hilfestellung für Verwandte, Bekannte und Bewohner
von Dr. Kurt Lichtl

Die Situation unserer angeblich so geschützten Alten liegt ebenso im Argen wie der Umgang der Behörden und der Heimleitungen mit ihren Bewohnern und deren persönlichem Umfeld. Besuche, die ohnehin schon rechtswidrig und gegen jede Menschenwürde mit Verordnungen beschränkt sind, angeblich gesperrte Stockwerke, Bewegungseinschränkungen der Bewohner im Heim und Wegsperren in kleinen Zimmern bei verhängter Quarantäne sind ein untragbarer Dauerzustand. Möchte man darüber als Angehöriger oder Nahestehender Auskunft, wird man falsch oder gar nicht informiert.

Dagegen gibt es ein in früherer Zeit geschaffenes rechtliches wirksames Mittel, vorausgesetzt ein Bewohner ist noch soweit eigenberechtigt, dass er eine dritte Person bevollmächtigen kann, was in der Regel der Fall sein dürfte, wenn nicht ohnehin eine Erwachsenenvertretung besteht.

Die dafür wesentliche Bestimmung findet sich im 3. Abschnitt des Heimaufenthaltsgesetzes. Demnach kann jeder Bewohner gem. § 8 Abs 1 HeimAufG schriftlich einen (mehrere) Dritten (Verwandten, Bekannten) seines Vertrauens als Bewohnervertreter bevollmächtigen. Dieser Vertreter hat nun gem. § 9 HeimAufG umfassende Kontroll- und Informationsrechte, die seitens der Heimleitung erfüllt werden müssen. Das geht von Information über die Pflegedokumentation einschließlich der zu dokumentierenden Maßnahmen jeglicher Bewegungseinschränkungen bis hin zur Begründung für solche Anordnungen, aus denen man wieder Erkenntnisse über die derzeitige Gesamtsituation im Heim gewinnen kann. Dass solche Rechte, die üblicherweise von Betreuungsvereinen ausgeübt werden, auch von Privatpersonen beansprucht werden können, ist weithin unbekannt. Lassen Sie sich nicht durch falsche Behauptungen, dass dies nicht möglich oder zulässig sei, nicht abbringen. Sie sind im Recht und können dieses auch durchsetzen, weil der Bewohnervertreter jederzeit beim nächstgelegenen Bezirksgericht einen Antrag auf Überprüfung der Freiheitsbeschränkung stellen kann. In diesem Verfahren sind dann alle relevanten Verhältnisse offenzulegen und zu überprüfen. Meine Erfahrung hat allerdings gezeigt, dass trotz vorheriger Ablehnung nach interner rechtlicher Überprüfung die Heimleitungen bei entsprechendem Hinweis auf ein sonstiges Gerichtsverfahren mit möglicher Information der Lokalmedien plötzlich vollkommen kooperativ werden.

Was Sie dazu noch wissen sollten: Selbst (gesundheits-)behördliche Anordnung, wie z.B. ein Absonderungsbescheid oder eine Ganz- oder Teilsperre des Heimes, beschränken die Rechte des Bewohnervertreters nicht, zumal die Behörde solche Maßnahmen nur anordnet, das Heim aber diese vollziehen muss, was wiederum nach den Bestimmungen des Heimaufenthaltsgesetzes zu erfolgen hat. Der Vertreter ist meines Erachtens sogar legitimiert, solche Veranlassungen der Behörde anzufechten. Das weiter zu erwartende Argument, es liege ohnehin keine Freiheitsbeschränkung vor, zählt zumeist auch nicht, weil dieser Begriff weit auszulegen ist und eine solche gem. § 3 HeimAufG bereits vor liegt, wenn eine Ortsveränderung einer betreuten Person gegen oder ohne seinem Willen unterbunden wird, was wohl bei jeder Cov-Maßnahme vorliegen dürfte.

Die Stellung als bevollmächtigter Bewohnervertreter erleichtert ebenfalls das Betreten des Heimes und das Treffen des Bewohners, weil man dann kein Besucher mehr ist, sondern ein gesetzlich Beauftragter zur Kontrolle der Lebenssituation des Bewohners. So gilt nach der derzeitigen Verordnungssituation die Beschränkung für einen Besuch pro Woche für Bewohnervertreter nicht. Diese haben „lediglich“ einen Antigen-Test < 24 h oder einen PCR-Test < 48 h oder bestätigte COV – Erkrankung < 6 MO vorzuweisen und können mit FFP 2 jederzeit – mit Rücksichtnahme auf den Heimbetrieb – in das Heim.

Wenn wirklich viele Personen mit Nachdruck dieses Instrument anwenden, wird es gelingen die untragbare Situation unserer Senioren im Heim zumindest etwas zu lindern.

Dr. Kurt Lichtl

Anlagen:

Zur allgemeinen Verwendung als Download hochgeladen:
Formular zur Bevollmächtigung als Bewohnervertreter

Praxisbroschüre zum Heimaufenthaltsgesetz

https://www.justiz.gv.at/file/2c94848b63f9895b016416ef13e10f86.de.0/heimaufg_broschuere_201902.pdf?forcedownload=true

Über den Autor

Rechtsanwälte für Grundrechte

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12 Kommentar

  1. Juliane

    Vielen Dank für die Annahme dieses Themas und die entsprechenden Infos und Hilfestellungen.

    Frage: In den Anlagen ist eine Broschüre zum Heimaufenthaltsgesetz bzgl. MINDERJÄHRIGER. Ist das so gewollt oder ein Versehen?

    1. K.Lichtl

      Hallo!
      Die Broschüre wurde anläßlich der Erweiterung auf Minderjährige aufgelegt, behandelt aber das Heimaufenthaltsgesetz allgemein. Der Geltungsbereich ist auf S 5 beschrieben und umfasst auch Seniorenwohnheime.

  2. Edith Poyer

    Ja aus eigener Erfahrung in der Pflege tätig gewesen kann Ich das nur unterstützen denn da lief schon vor der Pandemie vieles im Argen.Vielen Dank ihnen dass es die Möglichkeit Ihrerseits gibt die Allgemeinheit über Ihre Rechte aufzuklären.Bin sehr dankbar für Ihre Unterstützung da in jedem Bereich. Durch Klarheit kann sich was bewegen denn dies stärkt die eigene Kraft für was zu stehen und einfordern. Mit freundlichen Grüßen Edith Poyer

  3. Andrea Aichinger

    Herzlichen Dank!
    Und ich hoffe, daß viele von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.
    Ich habe dazu noch eine Frage.
    Ist eine Person die die Erwachsenenvertretung inne hat zugleich Bewohnervertreter? Und kann der Erwachsenenvertreter eine andere Person als Bewohnervertreter bevollmächtigen? Mein Vati ist im Pflegeheim und meine Schwester hat in allen Belangen die Erwachsenenvertretung inne.
    Mein Ziel wäre, daß wir beide öfter zu ihm dürfen und daß wir auch wieder mehr „Kontrolle“ haben. Vor dem ersten Lockdown wurde mein Vater mit einem Medikament behandelt (sediert) und er konnte weder essen noch trinken und war nicht ansprechbar. Es bedurfte unserer mehrmaliger Intervention bis das Medikament abgesetzt wurde. In weiterer Folge erholte er sich wieder.

    1. Dr. K. Lichtl

      Sg. Fr. Aichinger!
      Der Umfang der Berechtigung des Erwachsenenvertreters hängt vom Inhalt der gerichtlichen Bestellung ab. Ist darin auch die Wahrnehmung der Lebenssituation im Heim umfasst, stehen Ihnen die Rechte eines Bewohnervertreters zu. Ich bin zudem der Meinung, dass Sie zur Unterstützung auch Ihre Schwester dazu bevollmächtigen können, ohne eine gerichtliche Genehmigung einholen zu müssen. Zu beachten ist dabei aber immer der Inhalt des Gerichtsbeschlusses.

  4. Andrea+Aichinger

    Vielen herzlichen Dank

  5. Helmut Hofstätter

    sehr geehrtes Team

    ich bin für meine Mutter bevollmächtigter Bewohnervertreter
    ich habe das Heim, in dem meine Mutter untergebracht ist darauf aufmerksam gemacht daß ich als bevollmächtigter Bewohnervertreter bestimmte
    Rechte habe die da lauten: Es gelten nach der derzeitigen Verordnungssituation die Beschränkung für einen Besuch pro Woche für Bewohnervertreter nicht.
    Die Antwort vom Heim war Folgende: Sie kennen eine solche Verordnung nicht und daher bekomme ich keine Ausnahme
    Meine Frage:
    wie kann ich mein Recht gegenüber dem Heim durchsetzen
    Danke für ihre Antwort
    Hofstätter

    1. Dr. Kurt Lichtl

      Guten Tag Herr Hofstätter!
      Entschuldigen Sie meine etwas verspätete Antwort. Ich gehe davon aus, dass Sie Ihre schriftliche Bevollmächtigung als Bewohnervertreter bei der Heimleitung hinterlegt oder an diese geschickt haben; das ist nämlich erforderlich. Weiters empfehle ich, bei der Heimleitung schriftlich (Mail, Post, abgeben) Ihren Besuch als Bewohnervertreter anzukündigen. Das kann beispielsweise folgenden Inhalt haben:

      „Sehr geehrte Heimleitung!
      Wie Sie wissen, bin ich Bewohnervertreter gem. § 8 Heimaufenthaltsgesetz für meine Mutter. Als solchem stehen mir weitgehende Rechte zur Kontrolle, insbesondere einer einschränkenLebenssituationen meiner Mutter im Seniorenheim zu. Dazu bin ich unter anderem berechtigt, das Heim zu betreten und mit der Bewohnerin die Aufenthaltssituation zu besprechen. Die Heimleitung und das Pflegepersonal ist mir gegenüber zur Auskunft verpflichtet (§ 9 Heimaufenthaltsgesetz). Das Betreten des Heimes darf mir, auch nicht nach den aktuellen COV – Bestimmungen verweigert werden. Ich habe nur die darin enthaltenen Einschränkungen (aktuell neg. Test oder durchgemachte Cov 19 Infektion + FFP 2 Maske) einzuhalten. Bitte erkundigen Sie sich über die geltende Rechtslage, um eine gerichtliche Überprüfung nach § 11 ff HeimAufG zu vermeiden. Ich komme als Bewohnervertreter am ……… um …….. .
      Hochachtungsvoll“

      Wenn Ihnen neuerlich das Betreten des Heimes verweigert wird, wäre von Ihnen (eventuell mit anwaltlicher Unterstützung) ein gerichtliches Verfahren einzuleiten.

  6. Andrea Aichinger

    Ich habe noch eine Frage zu den derzeit geltenden Bestimmungen für Altenheime. Ich habe mir schon ein paar Mal die geltenden Bundesgesetzblätter herausgesucht und schon im vorigen als auch im derzeit gültigen findet sich folgender Passus, der für Mitarbeiter aber auch für Besucher(wenn ich das richtig verstanden habe) gilt:
    Im Fall eines positiven Testergebnisses kann das Einlassen abweichend davon dennoch erfolgen, wenn
    1.jedenfalls mindestens 48 Stunden Symptomfreiheit nach abgelaufener Infektion vorliegt und
    2.auf Grund der medizinischen Laborbefunde, insbesondere aufgrund des CT-Werts >30, davon ausgegangen werden kann, dass keine Ansteckungsgefahr mehr besteht.
    Bedeutet dies, daß ich mit positivem Test und ohne Symptome eingelassen werden kann? Wie kann ich herausfinden, ob die Heimleitung unter dieser Prämisse Mitarbeiter einläßt? Und zweitens, muß demnach bei einem Laborbefund der ct-Wert angeführt sein? Und was kann man tun, wenn dieser nicht angeführt ist? (so bei zwei Bekannten geschehen)
    Ich möchte mich noch einmal für die Unterstützung herzlich bedanken. Ich kann das Gefühl der Erleichterung gar nicht beschreiben, das ich empfand als ich erkannte, daß die Bevölkerung nicht im Stich gelassen wird.

    Mit freundlichen Grüßen

  7. Sarah Wechsler

    Sehr geehrter Herr Dr. Lichtl, vielen herzlichen Dank für den informativen Beitrag. Es werden Stimmen laut, dass eine Diskrimierung von nicht geimpften Seniorenheimbewohnern im Bezug auf die Häufigkeit der gestatteten Besuche geplant ist. Können Sie mir sagen welche Möglichkeiten es gibt dagegen vorzugehen?
    Vielen Dank.
    Herzliche Grüße
    Mag. Sarah Wechsler

  8. Elfriede Reiter

    Vielen Dank für Ihre Aufklärungen. Auch meine Mutter ist in Wien in einem Pensionistenwohnheim – seit 16 Jahren. Ich habe vor einer Woche
    die Bevollmächtigung als Bewohnervertreter an die Heimleitung geschickt. Ich wollte mich heute für einen Termin anmelden, um auch mal in die Wohnung zu kommen. Das wird jedoch nicht gestattet. Im Haus gibt es sogenannte Plauderplatzerl, dort kann ich mich mit meiner Mutter treffen. Nun wären sicherheitshalber meine Fragen: 1) Gilt im § 9 HeimAufG hier nur das Betreten des Heimes, d.h. die Wohnung betreten darf ich trotzdem nicht? 2) Wenn es wieder mal ein Betretungsverbot bzw. Besuchsverbot gibt, kann ich aber das Plauderplatzerl sehr wohl in Anspruch nehmen. Eines macht mich allerdings stutzig, ehrenamtliche Mitarbeiter dürfen in die Wohnung… da bekomme ich als Antwort, na die werden wie das Betreuungspersonal ja auch zweimal in der Woche getestet. Meine Antwort darauf, wo ist der Unterschied, ich darf ja auch nur mit negativem Test ins Heim und mit der FFP2 Maske… Man kann nur hoffen, dass durch viel Beistand der Rechtsanwälte und Ärzte die Wahrheit und Gerechtigkeit ans Tageslicht kommt. Vielen Dank für Ihre Antwort.

  9. Hildegard Abel

    Vielen Dank für die ausführliche Information!

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