Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinen Erkenntnissen vom 01.10.2020 erneut ausgesprochen, dass wesentliche Bestimmungen einzelner Corona-Virus-Verordnungen gesetzwidrig waren, insbesondere
• § 3: Die Untersagung des Betretens von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe
• § 10: Die Untersagung von Veranstaltungen mit mehr als 10 Personen
• In § 1 Abs. 2: Die Wortfolge „und eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen“, dies betrifft das Betreten öffentlicher Orte in geschlossenen Räumen.
Die als gesetzwidrig festgestellten Bestimmungen sind nicht mehr anzuwenden (ausgenommen die Bestimmung betreffend den Mindestabstand zwischen Gastrotischen – Aufhebung mit Ablauf des 31.12.2020).
Der Verfassungsgerichtshof hat dazu erwogen, dass es der Verordnungsgeber gänzlich unterlassen hat, jene Umstände, die ihn bei der Verordnungserlassung bestimmt haben, so festzuhalten, dass entsprechend nachvollziehbar ist, warum der Verordnungsgeber die mit dieser Bestimmung getroffenen Maßnahmen für unbedingt erforderlich gehalten hat. Die Entscheidungsgrundlagen, die im Verordnungsakt dokumentiert sind, reichen aber nicht aus, um den in § 1 COVID-19-Maßnahmengesetz bzw. § 15 Epidemiegesetz 1950 folgenden Anforderungen an die Dokumentation einer auf diese Gesetzesbestimmungen gestützten Verordnung Rechnung zu tragen. Es liegt somit ein Verstoß gegen das Gesetz vor, weil es der Verordnungsgeber gänzlich unterlassen hat, jene Umstände, die ihn bei der Verordnungserlassung bestimmt haben, so festzuhalten, dass entsprechend nachvollziehbar ist, warum der Verordnungsgeber die mit dieser Regelung getroffenen Maßnahmen für erforderlich gehalten hat.
Der Verfassungsgerichtshof hat weitere Bestimmungen, wie Beschränkungen betreffend den Einlass von Besuchergruppen in Gaststätten (maximal 4 Personen, wenn diese nicht im gemeinsamen Haushalt leben), aufgehoben.
Daraus ergeben sich für die geschädigten Personen und Unternehmen in ganz Österreich Amtshaftungsansprüche nach § 1 Amtshaftungsgesetz, denen Schäden am Vermögen in Vollziehung der Gesetze rechtswidrig und schuldhaft zugefügt worden sind.
Da aus systematischen Erwägungen nicht davon auszugehen ist, dass sich in anderen Verordnungsakten nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes ausreichende Dokumentationen für die Verordnungserlassungen befinden, sind weitere gesetzwidrige Bestimmungen in den einzelnen Verordnungen (für weitere Personen und Unternehmen) anzunehmen, sodass sich diesfalls weitere Amtshaftungsansprüche ergeben können. Allenfalls war der Lock-Down samt Nachfolgeverordnungen nicht nur teilweise gesetzwidrig, sondern gänzlich, dies wird im Rahmen von Amtshaftungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten zu prüfen sein.
RA Dr. Michael Brunner